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MATRONENSTADT

Montag, 14. Juni 2021

DER WEBER


Video: Andreas Hillebrand


Die Entfernung des Cristobal Colon-Denkmals im Jahr 2020 in San Francisco, wurde von der Kunstkommission der Stadt, nach der Protestwelle gegen Rassismus und Polizeibrutalität, beschlossen.

Der Tag war ein Meilenstein in der Geschichte der Denkmäler weltweit. Die Debatte ist und bleibt wichtig.
In der Öffentlichkeit, in der Gesellschaft werden immer mehr und stärker Denkmäler kommentiert und kritisiert, das kann nur positiv sein. Uns, die Bürger*innen bringt dies mehr Recht auf Stadt und mehr Teilhabe am öffentlichen Leben und somit  mehr Demokratie.

Photography: Ione Gelabert Etxaniz

In der frühen Neuzeit schlossen die Zünfte Frauen von der Arbeit als Weberinnen aus. So wurden diese Frauen bis heute unsichtbar gemacht. 

Im XVIII Jahrhundert waren die Hälfte der Krefelder, Frauen und Männer, in Seidenweberei beschäftigt, vor allem in Heimarbeit. Frauen galten als Helferinnen und nicht als Arbeiterinnen.

Bis Ende des XIX Jahrhundert lebte die Stadt von der Textilmanufaktur.

Obwohl heute weniger als zwei Prozent aller in Krefeld Beschäftigten in der Textilindustrie arbeiten , bleibt der Stadtslogan Krefeld “Stadt wie Samt und Seide”.

Das charakteristischste Denkmal der Stadt ist die Skulptur des Seidenwebers, bekannt als "Der Weber" oder "Meister Ponzelar".

Die Skulptur enthält auch mehrere Bilder, in denen ein Kind dargestellt wurde, das ihm am Webstuhl hilft.

Keine Spur der Frauen. Sie wurden nochmal einmal unsichtbar gemacht. Ihr nicht existieren ist in Stein gemeiselt.


Photography: Ione Gelabert Etxaniz

Es waren ganzen Familien, die in ihren kleinen Räumen saßen und rastlos über Tag und Nacht am Webstuhl arbeiteten.

Der Lärm der Webstühle hörte man in der ganzen Stadt .

Die Proto-Industrialisierungszeiten mit der Heimarbeit und der relativen und prekären Unabhängigkeit dieser Familien, standen kurz vor ihrem Ende, wie auch zum Teil in Hauptmans Drama "Der Weber" gezeigt wird,

Die Skulptur des Webers könnte  also tatsächlich ein Familienfoto sein, aber es ist ein unvollständiges Foto, denn wo sind Mütter und Töchter?

Diesen verlorenen Faden suchen wir.

Was ist von dieser Vergangenheit in der Stadt übrig und welche Spuren können wir heute noch finden?

Die Spuren die wir finden sind vor allem architektonische, Fabriken, Villen, und einige Weberhäuser. Die Hauptakteure sind reiche Geschäftsleute, die Stoffe im deutsches Textil Museum und als Symbol der Arbeiterklasse "der Weber."

Wenig werden wir über die Frauen ,die genauso beschäftigt waren, wie die Männer in der Produktion der Textilindustrie erfahren. Unsichtbar in der Heimarbeit versteckt, und noch dazu zur reproduktiven Arbeit im Hause verpflichtet. 

Dieses Projekt ist den Kindern und Frauen gewidmet, die dieses Textil Imperium mit aufgebaut haben.

Ihr seid uns wichtig, wir haben euch nicht vergessen.


Literaturverzeichnis:
- "Geschlechterhierarchie und Arbeitsteilung. Zur Geschichte ungleicher Erwerbschancen von Männern und Frauen" von Karin Hausen, 1993.
-"Erwerbstätigkeit von Frauen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik". Verfasst von: Dr. Barbara von Hindenburg veröffentlicht 13. September 2018 https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de.
- "Frauenarbeit in Deutschland zwischen 1850 und 1933": Zeitschriftenartikel] Knapp, Ulla.
- "Frauenleben im 19. Jahrhundert: Empire und Romantik", Ingeborg Weber Kellermann Biedermeier, Gründerzeit.
- "Männer sind Handwerker – und Frauen? Frauen und Männerarbeit im städtischen Handwerk". Christina Linsboth, https://www.habsburger.net/de.
- "Einführung in die Frühe Neuzeit" 1.4 STATUS UND ROLLEN DER GESCHLECHTER 2003 by Barbara Stollberg-Rilinger.



Gefördert durch ein Künstlerstipendium im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen.

Freitag, 11. Juni 2021

MATRONENSTADT


Video: Andreas Hillebrand

Matronenstadt  ist eine künstlerische Untersuchung, über die Präsenz von Frauen als öffentliche Denkmäler.

Die historischen Denkmäler unserer Städte zeigen uns  meistens nur eine Perspektive, die vom weissen und heterosexuellen Patriarchat geprägt ist.

Die mangelnde Repräsentation von Frauen hat unter anderem, zu einem Mangel an Geschichten und weiblichen Referenzen im öffentlichen Raum geführt.

Das Projekt hat sich zwei Ziele gesetzt, erstens die schwerwiegende, mangelnde Repräsentation von Frauen als historische Denkmäler hervorzuheben und zweitens im öffentlichen (digitalen) Raum zu intervinieren , um  die fehlenden Geschichten sichtbar zu machen.

Die Protagonistinnen dieses Projektes sind Frauen, Sie sind fiktive Heldinnen aus früheren Zeiten, unsere Matronen der Arbeiterklasse: Johanna, Mina, Frieda und Laura.

Diese Frauen, die vielleicht existierten, deren Geschichten auch Denkmäler hätten inspirieren können, ist das Projekt gewidmet.





Literaturverzeichnis:
-"Recht auf Stadt" Henri Lefebvre.
- Kunst für alle? Kunst im öffentlichen Raum zwischen Partizipation. Intervention und öffentlichen Raum Uwe Lewitky.
-"Als Matronen noch Göttinnen waren" von Sophie Lange, https://www.sophie-lange.de/matronenkult-und-kultplaetze/als-matronen-noch-goettinnen-waren/index.php
- https://www.duden.de/rechtschreibung/ Denkmal abgerufen am 22/04/2021.
" zum Gedächtnis an eine Person oder ein Ereignis errichtete, größere plastische Darstellung; Monument".
https://gams.unigraz.at/o:fercan.84/sdef:TEI/getmode=object&context=context:fercan.person.dcn!context:fercan.dcn.matres_octocannae, Keltische Götternamen in den Inschriften der römischen Provinz Germania Inferior.
- https://eige.europa.eu/gender-equality-index/2019/DE.
-"Die Geschichte der Frauen im Recht" - Prof. dr. Eleonora Kohler-Gehrig.
-"Die Dämonisierung der Frau am Beispiel der Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit" Sabine Reisenbüchler, 2015.
- Aus dem Leben einer Bäuerin im Münsterland Gertrud Rolfes berichtet herausgegeben von Renate Brockpähler,1981/G. by F. Coppenrath Verlag



Gefördert durch ein Künstlerstipendium im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen.

Donnerstag, 4. März 2021

DIE KARTE




Wir haben den Stadtraum Krefelds unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive künstlerisch (digital) interveniert.

Dabei sind 4 Denkmäler-Prototypen entstanden, die auf einer besonderen digitalen Karte vorhanden sind.  

Wir haben die Karte verwendet, um digitale Erzählungen zu erstellen, die eine egalitärere und repräsentativere historische Darstellung enthalten. 

Die Erzählungen haben wir "Der Verlorenen Faden. Gemeiner Lein" genannt.
 
Auf der Karte, können wir uns die Erfahrungen der Textilarbeiter*innen vorstellen und erleben. 

So verbinden wir die Vergangenheit , die durch das Leben dieser Frauen und Mädchen  repräsentiert wird, mit der Gegenwart unseres tägliches Leben. 

Erstellungsprozess:
Im Herbst 2020 haben wir auf einer Fläche Flachs gepflanzt. 

Wir haben den gesamten Prozess auf Video dokumentiert. 
Von der Aussaat, die mit dem letzten Vollmond im November 2020 zusammenfällt, bis zu seiner Blüte im Frühjahr 2021. 

Mit dem erhaltenen Material haben wir 4 Prototypen von Denkmälern erstellt. 
4 Videokunstinstallationen, die von Mädchen und Frauen sprechen, die existiert haben könnten.
Hintergrundbild ist der Flachs, eine Stimme erzählt uns Details über das Leben von 4 Frauen. 

Auf einer Karte der Stadt Krefeld haben wir die Denkmäler an 4 verschiedenen Orten platziert. Alle Orte haben etwas gemeinsam, sie waren  Arbeitsräume und Wohnräume oder beides von Textilarbeiter*innen.

"Der Verlorene Faden. Gemeiner Lein":
 
Video: Andreas Hillebrand

-Prototyp Mina.
Mina war 12 Jahre alt. 
Sie war die Tochter einer Krefelder Weberfamilie. 
Tagsüber arbeitete Sie in der Nähstube, Nachts half Sie ihrer Familie beim weben. 
Bald musste Sie ins Fabrikhaus umziehen und dort leben und arbeiten. 
Die Eltern konnten den Lebensunterhalt ihrer ältesten Tochter nicht mehr sichern.


Video: Andreas Hillebrand
-Prototyp Laura.
Laura wurde mit 35 Witwe. Sie hatte 2 Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. 
Zusammen mit ihrem Mann einem Weber ,hatte Sie für das Kontor X mehr als 15 Jahre lang  in Hausarbeit gewebt. Das durfte Sie nun nicht mehr. 
Die Zunft lies keine Frauen weben. 


Video: Andreas Hillebrand
-Prototyp Johanna.
Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, waren die Tage Johannas mit unendliche Arbeit gefüllt. 
Sie erledigte den Haushalt, kochte, backte und kümmerte sich um die Kleidung. Sie spinnte, webte und reparierte Kleider. 
Sie pflegte den Gemüsegarten, züchtete Hühner und Kühe um die Milch und die Eier zu verkaufen. 
Sie musste auf den Feldern allerlei Aufgaben erledigen und noch dazu als Wäscherin für andere Haushalte arbeiten.


Video: Andreas Hillebrand

-Prototyp Frieda.
Zu Hause wurde die Lage lebensbedrohlich. 
Es gab einfach nicht genug zu essen . Im Dorf gab es zu viele Weber und zu wenige Kontore, die immer weniger bezahlten für die Stoffe. Alle vier Kinder der Familie Blume, die kleine Frieda erst 9 Jahre alt  inklusive, mussten schnell in andere Haushalte umziehen und dort als Putzhilfe, Kindermädchen, Dienstbote zu arbeiten oder mit etwas Glück bei  einem  Meister einen Beruf zu erlernen. 
Der Hausbesitzer drohte mit Zwangsräumung und der Landbesitzer wollte höhere Miete für die Felder haben.


Literaturverzeichnis:

-"Von de Flachspflanze zum Leinen Didaktische Materiellen zum Sudtiroler Landesmuseum für Volksmunde". Suizenbacher, Gudrun, Bauer, Schmied, Lodenweber
-https://flachs.de/blog/2017/05/03/der-laie-ist-begeistert-der-fachmann-verwirrt-winterhanf-und-winterflachs/
-https://www.leitnerleinen.com/de/vom-flachs-zum-leinen-der-anbau, "Von Flachs zum Leinen. Der Anbau".
-https://www.stiftung-naturlandschaften.de/pdf/Projektdoku%20Flachskuhlen%20am%20Niederrhein%202013.pdf
-"Taufgesinnte und grosses Kapital. Due niederrheinisch-bergischen Mennoniten und der Aufstieg des Krefelder Seidengewerbes" ( Mitte des 17. Jahrunderts-1815).
von Peter Kriedte, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Band 223, Jahr 2007, Vandenhoeck & Ruprecht



Gefördert durch ein Künstlerstipendium im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen.